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Die Französisch-Reformierte Gemeinde Offenbach ist eine evangelische Gemeinde. Mit den anderen evangelischen Gemeinden der Stadt Offenbach gehört sie zum Evangelischen Dekanat Offenbach und zur Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Sie ist jedoch auch Mitglied im Reformierten Bund und in der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft.

Im Unterschied zu den übrigen evangelischen Gemeinden besteht die Französisch-Reformierte Gemeinde nicht aus den evangelischen Christen eines abgegrenzten Wohnbezirks. Für ihre Glieder, die im Stadt- und Landkreis Offenbach wohnen, ist die Geschichte der Gemeinde und vor allem das reformierte Bekenntnis entscheidend. Sie allein rechtfertigen auch die Existenz der Französisch-Reformierten Gemeinde und ihre Sonderstellung.


Geschichtliche Ursachen für die Flucht der Hugenotten aus Frankreich und für ihre Ansiedlung in Offenbach am Main.

Am 18. Oktober 1685 hob der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. das Edikt von Nantes auf, das nach Beendigung der Hugenottenkriege (1562 - 1597) im Jahre 1598 von Heinrich IV. erlassen worden war. Es sicherte den evangelischen Christen in Frankreich das Recht auf volle Gewissensfreiheit und bürgerliche Gleichberechtigung zu. Allerdings durfte in der Regel nur dort ein reformierter Gottesdienst gehalten werden, wo dies schon 1597 geschehen war.

Da die „Hugenotten“, wie man ursprünglich die von dem Genfer Reformator Johannes Calvin geprägten evangelischen Christen in Frankreich voller Spott nannte, sich im Laufe der Zeit zu einem Staat im Staate entwickelten, wurden ihre Rechte allmählich beschränkt. Der seit 1661 absolutistisch herrschende Ludwig XIV. wollte in seinem Land keine Untertanen mehr dulden, die seinem katholischen Glauben widersprachen. Daher versuchte er, sie ab 1681 durch die Einquartierung von Militär in ihre Häuser zwangsweise zu bekehren. 1685 verbot er mit der formellen Aufhebung des Edikts von Nantes nicht nur den reformierten Glauben, sondern untersagte auch die Flucht aus Frankreich „bei Strafe der Galeeren für die Männer und Einziehung von Leib und Gut für die Frauen“.

Dennoch wagten auch weiterhin Zigtausende die Flucht um ihres Glaubens willen.Viele von denen, die zuweilen erst nach mehreren Versuchen glücklich entkamen, fanden mittellos und von unsäglichen Opfern gezeichnet, zunächst in der Schweiz Aufnahme. Von dort zogen sie, manche erst nach jahrelangem Aufenthalt, in aufnahmebereite deutsche Staaten, sogar bis in die ostpreußischen Gebiete und nach Rußland.

In Offenbach, einem Fischer- und Bauerndorf von etwa 500 Einwohnern hatte Wolfgang Ernst I. Graf von Ysenburg, Büdingen und Birstein an Stelle des lutherischen das reformierte Bekenntnis eingeführt. Mit seiner Unterstützung bildete sich bereits 1596 eine erste wallonischreformierte Flüchtlingsgemeinde. Sie bestand allerdings nur bis 1599 und ging dann in der kurz vorher gegründeten wallonischen Gemeinde in Hanau auf.Von 1609 – 1633 gab Graf Wolfgang Ernst I. den 1554/1555 in Frankfurt gegründeten Französisch- und Niederländisch-Reformierten Gemeinden das Recht, ihre Gottesdienste in Offenbach zu halten, da der streng lutherische Rat Frankfurts dies innerhalb der freien Reichsstadt verbot. Sein Enkel Johann Philipp wurde 1685 Graf von Ysenburg-Büdingen.

Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg, hatte bereits 1685 den Réfugiés Asyl und Unterstützung zugesagt, weil er mit ihrer Hilfe sein durch den 30jährigen Krieg ausgeblutetes Land wieder aufbauen wollte. Graf Johann Philipp hingegen zögerte damit bis zum Jahr 1698, obgleich das benachbarte Frankfurt schon seit 1680 eine der wichtigsten Zwischenstationen für die fliehenden Hugenotten war.

Als 1698 jedoch die Schweizer Kantone angesichts der ungeheuren Kosten für die Versorgung der Réfugiés Ausweisungsanordnungen erließen und deshalb Capitain de Calmelz als Abgesandter einer Gruppe französischer
Glaubensflüchtlinge den Grafen um Aufnahme im günstig gelegenen Offenbach ersuchte, erwies Graf Johann
Philipp sich als außergewöhnlich großherzig. Er sicherte den fremden Glaubensgenossen nicht nur die erbetenen
Privilegien und Hilfen zu. Anders als viele deutsche Kleinstaaten, die ebenfalls mit Hilfe der fleißigen, handwerklich
bestens ausgebildeten Franzosen neue wirtschaftliche Zweige aufzubauen suchten, machte er auch keinerlei Auflagen, nicht einmal die, daß sie in der Lage sein mußten, für sich selbst zu sorgen. So ist es nicht verwunderlich, daß die erste bekannte Gemeindeliste von 1699 46 Familiennamen umfaßt.

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